Reviews

Anti-Flag im Le Grillen Colmar

Anti Flag waren und sind auf großer Europa-Tour und haben in Colmar einen kleinen Zwischenstop eingelegt. Dort sind Headbang und Cheeky Cherry Booking nämlich kurzfristig zu einer Art Super-Booking mutiert und haben die Band aus Pittsburgh ins Le Grillen gelockt. Mit dabei waren P.O.Box und Sick Boys und eines kann ich euch sagen: Die Vorfreude war enorm groß, denn Anti Flag hat mich bisher noch nie enttäuscht!

Anfangen durften die SICKBOYS und haben mit ihrer Mischung aus Punkrock und Rock’n’Roll nach gefühlten zwei Riffs den Großteil des Publikums auf ihrer Seite gehabt. Das mag sicherlich auch dem interessanten Look der Band geschuldet sein, denn von Lackschuhen mit Nieten, bis hin zum Feinripp-Unterhemd war so ziemlich alles auf der Bühne vertreten. Die Mucke selbst war sehr solide, die Klampfe hat sich während den Songs immer mal wieder Ausflüge in den Rock’n’Roll gegönnt und der Drummer hat seine Eimer ordentlich zusammengeknüppelt. Instrumental gesehen war das ein richtig fetter Sound im Le Grillen. Sänger Nicky Sickboy hat in gewöhnungsbedürftiger Manier die Bühne mit wilder Bühnenperformance eingenommen und ist wirklich keine Sekunde still gestanden. Das muss man in fetter Lederjacke und langer Hose erstmal nachmachen. Gesanglich war das sicher nicht der Reißer und vielleicht auch eher Geschmacksache. Als beim letzten Cover „Only You“ dann so ziemlich jeder Ton daneben war, wurde es für mich Zeit für die nächste Band. Aber vielleicht bin ich da auch zu wenig „Punk“, denn das Le Grillen war nach dem Track quasi von der Bühne bis zum Ausgang aus dem Häuschen.

Next: P.O.Box aus Nancy waren das Mittelstück des Abends und haben mit ihrem Ska-Punk gleich mal gezeigt, dass sie das nicht erst seit ein paar Wochen machen! Die Band gibt’s nämlich schon seit 15 Jahren und das merkt man: Gute Songs, coole Stimme und zielsichere Bläserpassagen, bestehend aus Trompete und Posaune. Anscheinend haben die Herren auf der Bühne nach wie vor Spaß, denn es wurde viel gelacht, viel gehüpft und sehr viel Schabernack getrieben. An manchen Ecken und Enden hatte ich allerdings das Gefühl, dass man manche Songs schon das eine oder andere mal (zuviel) gespielt hatte, denn die Laune und die Perfomance schwankte während des Sets ein wenig. Aber gut, das ist auch wieder nur kleinkarierte Meckerei. P.O.Box waren eine sehr gelungene zweite Kapelle, die quasi nahtlos an den Headliner des Abends anschließen sollten.

Anti Flag hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Ich glaube das letzte Mal war damals im Abart Club in Zürich zusammen mit der Entdeckung des Abends: Frank Turner. Das ist schon sieben Jahre her! Die Pittsburgher haben in der Zeit schon wieder zwei Platten rausgehauen und waren gerade mit dem neuen Album American Spring auf Tour. Ich weiß an dieser Stelle auch gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll. Diese Band hat in meinen Augen so viele Hits, dass ich gar nicht mehr alle aufzählen könnte, ohne einen zu vergessen. Es gab auf jeden Fall viele alte Kracher wie „Turncoat“, „This Is The End“, „Underground Network“ oder „Die For The Government“, aber auch neue Ohrwürmer wie „Fabled World“. Diesen Song hatte ich Tage später noch im Ohr. Gut, ich glaube ihr wisst wo ich drauf raus will: Anti Flag können es noch, und haben wirklich keinen guten Song ausgelassen! Auch nach 23 Jahren knallt der Vierer dir ihre Meinung noch so frisch um die Ohren, als wäre es noch 1993. Anschauen konnte man das auch schon immer: Sänger Justin Sane, der mit seiner klassischen Signature-Iro-Friese die Bühne enterte – Chris#2, der quasi nur aufhört zu singen, um den nächsten Sprung aus seinen Beinen zu schütteln – Chris „Steingesicht“ Head, der seine Sache durchzieht ohne auch nur einmal zu blinzeln und zu guter Letzt Pat Thetic am Schlagwerk, der sich eine Stunde lang um den Verstand züngelte. An dieser Stelle muss ich wirklich eins los werden: Es ist auch manchmal schön, wenn sich manche Dinge in der Musik nicht ändern. Anti Flag gehören immer noch zu den besten und authentischsten Live-Bands, die ich bisher gesehen habe. Nach über einer Stunde, ging es für Schlagzeuger und Basser noch mit ihren Instrumenten ins Publikum. Ist das eigentlich gerade Trend? Kommt mir vor, als würde das mittlerweile jeder machen (In der Korrektur wurde mir soeben mitgeteilt, dass Anti Flag bereits 2011 mit Drums im Publikum zu sehen waren. Haben wir hier etwa die Urväter dieser Prozedur aufgedeckt? Ein Fall für RTL). Nun gut, das kam natürlich gut an und auch nach dieser Aktion gab es noch eine weitere Zugabe bevor jeder mit einem riesen Grinsen den Heimweg antrat. Wenn Anti Flag mal wieder in der Nähe spielt, werde ich wieder hingehen. Heute würde ich die Review gerne mit einem Band-Zitat enden, um euch auch allen noch etwas mit auf den Weg zu geben: „you’ve gotta die, gotta die, gotta die for your government? die for your country? that’s shit!“

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert