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Das altbekannte Thema: Label vs. DIY

Das Foto zeigt Radio Havanna auf ihrer Brasilientour Ende 2016. © Viktor Schanz Fotografie

Es ist der Traum von vielen Musikern: Mucke machen, entdeckt werden und dann mit den Songs um die Welt touren. Doch ist so etwas heutzutage überhaupt noch möglich? Benötigt man hierzu ein Label, oder kann man solche Ziele im DIY-Modus erreichen? Wir haben uns mal ein wenig umgehört, da dieses Thema doch immer mal wieder auftaucht.

Vorab sei natürlich gesagt, dass wir hier nicht von großen Pop-Acts aus Funk und Fernsehen reden.
Ist klar, ne!?

The Past
Vor gut 30 Jahren dürfte das Thema wohl noch eindeutiger gewesen sein: Damals gab es noch kein Facebook, Youtube und Co., wo sich jede Band  präsentieren konnte. Damals gab es deutlich weniger Bands und auch noch keine Aufnahmeprogramme für das Homeoffice. Dementsprechend konnte sich auch nicht jede Kapelle eine Aufnahme leisten, geschweige denn diese auch im großen Stil selbst vermarkten. Ein Label war also elementar wichtig um auch nur in die Nähe des Abenteuers auf dem anderen Kontinent zu gelangen.

Nowadays
Heutzutage gibt es gefühlt hinter jeder Hausecke drei Bands. Jeder kann seine Mucke zu Hause aufnehmen, jeder kann sich halbwegs professionell und kostenlos im Netz präsentieren. Das hat natürlich riesige Vorteile, aber gerade für Labels dürfte hier die Suche nach der Nadel im Heuhaufen losgehen: Wo beginnt die Professionalität, wo ist sie nur Utopie?

Wir wollen an dieser Stelle mal über den Freiburger Tellerrand hinaus schauen und haben uns zu diesem Thema bei Bands umgehört, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben und bereits viel Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt haben.

Straightline ist eine Münchner Punkband, die bereits seit 1998 existiert. Die vier Herren haben in dieser Zeit sieben Platten rausgehauen und vieles erreicht: Vorletztes Jahr waren sie z. B. mit den Satanic Surfers auf großer Lateinamerika-Tour. Doch ins gemachte Tournee-Nest setzen sah anders aus, denn die Band musste sich beim Promoter erst beweisen, Touren nachweisen, Pakete hin- und herschicken und auch nerven, damit der Traum in Erfüllung ging. Ohne eine mächtige Portion DIY wäre Südamerika hier also nicht möglich gewesen. Und das ist fast untertrieben. Sänger und Kopf der Band Bart äußerte sich dazu folgendermaßen: „DIY-Arbeit? Ja man! Unfassbar viel, meine gesamte Freizeit ging dafür drauf. Um ehrlich zu sein, hat das meine Beziehung gekostet. Kann man also gerne als Warnung an andere hernehmen, die sich das easy vorstellen.“

Ein Label hatte die Band zu diesem Zeitpunkt schon. Plattenfirmen hatten die Münchner auch schon recht früh am Start, aber so richtig zufrieden war die Band nicht immer: „Wir waren zu Beginn auf Label, das war aber nicht so gut. Die machen nix außerhalb von Bayern oder maximal Deutschland. Danach ging es zu Morning Wood – die wiederum machen viel. Bird Attack Records war aber mein Wunschkandidat, und ich freu mich, dass es läuft.“ Anmerkung: Auf dem Label aus Florida wird am 10. Februar die neue Platte „Vanishing Values“ von Straightline veröffentlicht.

In Südamerika war auch Radio Havanna Ende letzten Jahres. Die vier Berliner folgten hierbei einer Einladung der brasilianischen Punkrock-/Hardcoreband Dead Fish. Doch auch hier musste viel Eigeninitiative gezeigt werden, wie Gitarrist Arni uns verrät: „… Stück für Stück wurde daraus dann eine Tour mit sieben Terminen, vielen Presseterminen sowie eines TV Auftrittes im brasilianischen Staatsfernsehen. Die ganze Kommunikation war dabei echt verrückt. Einige der Konzerte standen bei Abflug noch gar nicht fest. Vieles entstand spontan. Wir haben dort sehr viele hilfsbereite Menschen kennengelernt. Das Ganze war wirklich ein wahnsinnig toller Trip.“

Bei der Bandgründung 2002 war ein Label noch weit entfernt: „Also im Grunde hat sich eigentlich zu Bandbeginn niemand für das interessiert, was wir getan haben. Wir hatten auch keinerlei Verknüpfung in das Musikgeschäft. Wir mussten alles selbst machen. Also so alles, alles. Wir haben selbst aufgenommen, CDs gebrannt, Cover ausgeschnitten, Konzerte organisiert usw.… Bis 2010 hatten wir auch nie Ambitionen und Know-how das ganze Projekt Radio Havanna überhaupt professioneller zu betreiben. Es ging uns als Jugendlichen ja auch eher darum gemeinsam eine gute Zeit zu haben und hier und da politische Aktionen mit anzugehen. Dann haben wir die Uncle M Leute kennengelernt. Die haben uns da sehr viel gelehrt. Mit der Albumveröffentlichung von „Lauter Zweifel“ wurde dann alles professioneller. Uncle M haben uns hier zwar auch viel Arbeit abgenommen, vor allem aber „Hilfe zu Selbsthilfe“-mäßig unterstützt. Da haben wir echt eine Menge mitgenommen. Im Laufe der Zeit hat das Ganze dann auch andere Labels interessiert. Da gab es mitunter sehr merkwürdige Meetings und Listening-Sessions.“

Label ≠ Label
Gut, die Bandseite ist durchleuchtet, doch wie sieht es mit der anderen Seite aus? Denn auch in der Labellandschaft hat sich in den letzten Jahren einiges geändert: Auch hier ist die Zahl exponentiell aus dem Boden geschossen. Im Endeffekt läuft es hier aber genau gleich wie mit den Bands: Manche präsentieren sich nur professionell, andere sind es. Zum Thema Labels äußert sich Bart sehr kritisch: „Viele lassen dich fast alles bezahlen, klatschen dann nur ihr Logo drauf und kümmern sich nicht um Touren usw. Da braucht man kein Label bei so was. Dann kann ich es auch gleich selbst rausbringen.“

Fazit?
Label ist nicht gleich Label, dasselbe gilt für Bands. Und auch wenn ihr bei einem Label landet, erledigt sich nicht alles von alleine. Eine gehörige Portion Do-It-Yourself wird also bestimmt nicht ausbleiben.

Wenn deine Band aber ambitioniert ist, was zu reißen, dann gibt euch Arni was mit auf den Weg: „Versucht musikalisch eigenständig zu bleiben. Egal was trendy ist und was nicht. Trends sind schneller vorbei, als man denkt. Deshalb hängt lieber mit Leuten ab, die Bock haben euch lange zu begleiten.“ Und falls ihr irgendwann ein Label wollt, das euch wirklich unterstützt, dann macht durch viele Shows und Durchhaltevermögen auf euch aufmerksam, meint Bart: „Man braucht Geduld, das dauert manchmal ewig. Am Anfang ist DIY definitiv besser. Ich würde mich ehrlich gesagt erst mal in kleinere Sachen wagen. Mal ein paar Touren selbst machen, mit dem Bus rumgurken – Beweisen, dass man selbst etwas hinkriegt. Ein bisschen Dreck fressen ist wichtig und erdet.“

Habt ihr selbst schon Erfahrungen zu diesem Thema gesammelt? Lasst es uns wissen!

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